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Der Umzug in ein neues Land ist immer ein aufregendes Abenteuer, das viele neue Erfahrungen und Herausforderungen mit sich bringt. Wenn du planst, von Deutschland in die Niederlande zu ziehen, gibt es einige wichtige Unterschiede zwischen den beiden Ländern, die du kennen solltest, um deinen Umzug so reibungslos wie möglich zu gestalten.
1. Dokumentation und rechtliche Anforderungen
Aufenthaltsgenehmigung und Anmeldung:
Als EU-Bürger brauchst du kein Visum, um in die Niederlande zu ziehen. Planst du jedoch, länger als vier Monate zu bleiben, musst du dich innerhalb von fünf Tagen nach deiner Ankunft bei der örtlichen Gemeinde (Gemeente) anmelden. Dabei erhältst du eine Bürgerservicenummer (BSN), die für viele Aspekte des täglichen Lebens wichtig ist. Wichtig dabei ist, dass du für eine BSN Nummer einen niederländischen Wohnsitz besitzt, bei dem du dich registrieren darfst.
Krankenversicherung:
In den Niederlanden ist eine Krankenversicherung Pflicht, und du musst innerhalb von vier Monaten nach deiner Ankunft eine niederländische Krankenversicherung abschließen. Wenn du eine deutsche Krankenversicherung hast, prüfe, ob sie vorübergehenden Schutz in den Niederlanden bietet. Falls du als Student in die Niederlande umziehst, musst du deine Krankenversicherung nicht wechseln. Aus meiner eigenen Erfahrungen musste ich die Kosten erst selbst tragen und konnte diese dann reibungslos mit der Krankenkasse deklarieren. Bleibst du nach deinem Studium in den Niederlanden? Dann gelten die oben genannten Regeln.
Digitalisierung:
In den Niederlanden ist alles digitalisiert. Das bedeutet, sobald man seine BSN Nummer hat, sind alle Informationen im Internet miteinander verbunden. Von jeglicher Versicherung, Arbeitsstelle, Familieninformationen, die Liste ist groß. Du kannst alles bequem von zuhause aus mit deiner BSN Nummer regeln.
2. Wohnungssuche
Unterkunft finden:
Der niederländische Wohnungsmarkt ist sehr wettbewerbsfähig, besonders in großen Städten wie Amsterdam, Utrecht und Rotterdam. Beginne deine Suche frühzeitig über Websites wie Funda, Pararius, Kamernet (für Studenten) und Facebookgruppen. Sei auf hohe Mietpreise vorbereitet und erwäge, dein Suchgebiet auf Vororte auszudehnen, wo die Mieten günstiger sein könnten. Im Gegensatz zu Deutschland sind die Mietpreise sehr hoch. Bei einer Wohnung in einer kleineren Stadt kannst du schon mit mindestens 1000 Euro rechnen. Je größer die Stadt, je höher die Kosten. Vergewissere dich außerdem, dass du dich bei der Wohnungssuche, dass es sich um Wohnungen und Häuser handelt, wo du dich registrieren kannst.
Mietverträge:
Verstehe die Bedingungen deines Mietvertrags. Im niederländischen Mietsystem gibt es oft zusätzliche Kosten wie Nebenkosten und Dienstleistungen, die möglicherweise nicht in der Miete enthalten sind. Kautionen betragen typischerweise ein bis zwei Monatsmieten, und die Kündigungsfrist beträgt normalerweise einen Monat. Stelle außerdem sicher, dass es sich um ein gültigen Mietvertrag handelt und es von einer seriösen Quelle kommt. Leider kommt es oft in Großstädten wie Amsterdam und Rotterdam vor, dass Expats mit der Kaution gescammed werden können.
3. Sprache und Kultur
Niederländisch lernen:
Obwohl viele Niederländer hervorragend Englisch und Deutsch sprechen (bitte beachte, meist nur an den grenzenden Bundesländern!), kann das Erlernen der niederländischen Sprache dein Erlebnis und deine Integration erheblich verbessern. Überlege dir, niederländische Sprachkurse zu belegen, die weit verbreitet und oft von Arbeitgebern subventioniert sind. Oft hilft es, einen niederländischen Freundeskreis zu haben und die Konversationen im Niederländischen zu halten. Niederländer lieben es, wenn man ihre Sprache spricht, auch wenn nicht perfekt. Sie helfen gerne bei der Aussprache und motivieren dich weiter zu sprechen!
Kulturelle Unterschiede:
Die niederländische Kultur ist für ihre Direktheit bekannt, was überraschend sein kann, wenn du an den eher indirekten Kommunikationsstil in Deutschland gewöhnt bist. Diese Direktheit ist nicht unhöflich gemeint, sondern ein kultureller Norm, die Ehrlichkeit und Klarheit schätzt. Zu Anfang kann dies einen kulturellen Schock auslösen, vor allem wenn man es oft persönlich nimmt. Denke einfach daran, dass die meisten dies aber nicht persönlich meinen! Beruflich findest du in den Niederlanden auch eher eine flache Hierarchie und Formalitäten werden oft nur für die älteren Generationen benutzt. Niederländische Studenten nennen ihre Professoren auch oft beim Vornamen.
4. Lebenshaltungskosten
Allgemeine Ausgaben:
Die Lebenshaltungskosten in den Niederlanden sind relativ hoch, besonders in großen Städten. Lebensmittel, Essen gehen und öffentliche Verkehrsmittel können sich schnell summieren. Allerdings sind die Gehälter generell gut und die Lebensqualität hoch, mit guter Bildung und ausgezeichneten öffentlichen Dienstleistungen.
Dazu muss ich beitragen, dass ich das Gesundheitswesen in Deutschland viel besser finde als in den Niederlanden. Einen Spezialisten wirst du hier nicht oft besuchen können. Wenn du spezielle Probleme hast und du möchtest einen Spezialisten sehen, muss dies alles durch den Hausarzt gehen. Sprich, du wirst keinen Termin beim Gynäkologen oder Augenarzt bekommen, wenn du keine großen Probleme aufweist, musst hierbei auch die Kosten des eigenen Beitrages bedenken.
Der nächste kulturelle Schock könnte der generelle Einkauf im Supermarkt sein. Die Kosten im Supermarkt im Vergleich zu Deutschland sind sehr hoch. Das ist auch der Grund, warum so viele Niederländer an der Grenze nach Deutschland fahren, um ihren Einkauf zu erledigen.
Banking und Steuern:
Die Eröffnung eines niederländischen Bankkontos ist mit deinem BSN einfach. Zu den großen Banken gehören ING, ABN AMRO und Rabobank. Mache dich mit dem niederländischen Steuersystem vertraut. Als Einwohner musst du eine jährliche Steuererklärung abgeben. Die 30%-Regelung könnte für Expats gelten und bietet erhebliche Steuervorteile für einen begrenzten Zeitraum. Auch die Steuererklärung ist im Gegensatz zu Deutschland sehr einfach gehandhabt. Das Steuersystem hat jegliche Informationen schon im System, die du dann überprüfen musst. Natürlich kommt es hierbei darauf an, ob die selbstständig bist oder nicht. Für Arbeitnehmer ist die Steuererklärung innerhalb von 15 Minuten schon fertig. Alles wird natürlich online gemacht!
5. Arbeit
Arbeitsmarkt:
Der niederländische Arbeitsmarkt ist dynamisch mit Möglichkeiten in verschiedenen Sektoren wie Technologie, Finanzen, Ingenieurwesen und kreativen Industrien. Netzwerken ist entscheidend, und Plattformen wie LinkedIn werden weit verbreitet für berufliche Kontakte genutzt. In und rundum den Großstädten wie Amsterdam, Den Haag und Rotterdam findest du viele internationale Jobmöglichkeiten.
Work-Life-Balance:
Die Niederlande sind für ihre hervorragende Work-Life-Balance bekannt. Vollzeitverträge bieten oft großzügige Urlaubstage, und Teilzeitarbeit ist weit verbreitet und akzeptiert. Eltern können hier außerdem 8 Jahre pro Kind von ihrer Elternzeit Gebrauch machen. Die Elternzeit ist jedoch unbezahlt (manche Firmen bieten bezahlte Elternzeit an).
6. Öffentliche Verkehrsmittel und Mobilität
Fahrradfahren:
Fahrradfahren ist die beliebteste Fortbewegungsart. Die Infrastruktur ist hervorragend, mit speziellen Fahrradwegen und Parkeinrichtungen. Wenn du nicht gerne Fahrrad fährst, ist das öffentliche Verkehrssystem (Züge, Straßenbahnen, Busse) zuverlässig und gut vernetzt.
Autofahren:
Wenn du planst, Auto zu fahren, kannst du deinen deutschen Führerschein verwenden. Nach 185 Tagen Aufenthalt in den Niederlanden musst du ihn jedoch gegen einen niederländischen Führerschein eintauschen. Mehr Informationen dazu findest du in deiner Gemeinde (Gemeente). In den Niederlanden kannst du auf den Highways bis zu 100 km/h von 6-19 Uhr fahren. Danach kann die Geschwindigkeit je nach Highway variieren, von 120 km/h bis zu 130 km/h. Bitte beachte, dass die Geldstrafen für das zu schnelle Fahren sehr hoch sind. Hier bezahlst du 9-10 Euro für jeden km/h, den du zu schnell fährst. (Administrationskosten kommen dann auch noch dazu)
7. Soziales Leben und Networking
Freunde finden:
Die Niederländer sind generell freundlich und offen für neue Bekanntschaften. Der Beitritt zu lokalen Vereinen, Sportteams oder Gemeinschaftsgruppen kann dir helfen, ein soziales Netzwerk aufzubauen. Expats vernetzen sich oft über Social Media und Veranstaltungen von Expat-Organisationen. Auch findest du Aktivitäten und Events für Expats unter Webseiten wie Eventbrite und Meetup.com.
Kulturelle Aktivitäten:
Die Niederlande bieten eine Fülle an kulturellen Aktivitäten, von Museen und Galerien bis hin zu Musik Festivals und Sportveranstaltungen. Tauche in die lokale Kultur ein und erkunde die vielfältigen Angebote in deiner neuen Heimat. An Feiertagen wie am Bevrijdingsdag findest du außerdem viele kostenlose Musikfestivals. Die Niederländer lieben ihre Gezelligheid: Auf der Terrasse einige Drinks mit Borrelplankje (Eine Art Charcuteriebord) und guter Musik und schon lebst du wie ein echter Niederländer! Auch findest du, dass die meisten Niederländer Techno und House Festivals, Konzerte und Fußball lieben.
8. Familienleben und Kinderbetreuung
Mutterschutz
In den Niederlanden gibt es den Mutterschutz, der sechs Wochen vor und zehn Wochen nach der Geburt umfasst. In dieser Zeit erhältst du dein volles Gehalt. Es gibt auch Vaterschaftsurlaub von einer Woche mit vollem Gehalt, die kürzlich auf fünf Wochen erweitert wurde, wobei 70% des Gehalts gezahlt wird. Bitte bedenke, dass es in den Niederlanden kein Elterngeld wie in Deutschland gibt. In den Niederlanden erhältst du pro Quartal ungefähr 200 Euro pro Kind (bis 6 Jahren, dann erhöht sich der Betrag). Das ist ein großer finanzieller Unterschied zu Deutschland.
Elternzeit:
Das niederländische Äquivalent zur Elternzeit ist das Ouderschapsverlof. Beide Elternteile haben das Recht auf bis zu 26 Wochen unbezahlten Elternurlaub pro Kind bis zum achten Lebensjahr. Während des Ouderschapsverlof erhältst du in der Regel kein Gehalt, obwohl einige Arbeitgeber teilweise oder vollständige Bezahlung anbieten können. Die Flexibilität dieser Regelung ermöglicht es Eltern, ihre Arbeitszeit vorübergehend zu reduzieren, um mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.
Familienleben:
Das Familienleben in den Niederlanden ist sehr kinderfreundlich. Es gibt viele Parks, Spielplätze und familienfreundliche Aktivitäten. Die Arbeitszeiten sind oft flexibel, was es Eltern erleichtert, Beruf und Familie zu vereinbaren. Schulen und Kindergärten legen Wert auf eine ausgewogene Entwicklung von Kindern und bieten zahlreiche außerschulische Aktivitäten an. Du findest außerdem viele “Kinderboederijen”, dies sind große Spielplätze, die dazu einen Streichelzoo anbieten. Meist sind diese kostenlos und verteilen sich in den Städten.
Kinderbetreuungskosten:
Die Kosten für die Kinderbetreuung (Kinderopvang) können hoch sein, variieren aber stark je nach Einrichtung und Standort. Es gibt verschiedene Arten von Kinderbetreuung, einschließlich Tagesmütter (Gastouders) und Kindertagesstätten (Kinderdagsverblijven). Die Regierung bietet finanzielle Unterstützung durch das Kinderopvangtoeslag, eine Beihilfe, die einkommensabhängig ist und einen Teil der Betreuungskosten deckt. Je höher euer Gehalt, desto mehr muss man diese Beträge selber bezahlen. Als Beispiel, 2x die Woche Kinderopvang kostet für eines unserer Kinder 1200 € im Monat. Davon würde der Staat 20% Beihilfe leisten.
Der Umzug von Deutschland in die Niederlande ist ein großer Schritt, der neue Möglichkeiten und Erfahrungen mit sich bringt. Indem du die Unterschiede in Bürokratie, Wohnungsmarkt, Sprache und mehr verstehst, kannst du dich besser auf dein neues Leben vorbereiten und den Übergang reibungsloser gestalten.
1 Kommentar
[…] ich 2015 in die Niederlande gezogen bin, habe ich viele Städtetrips in die Niederlande geplant und viele Ecken dieses kleinen, aber […]